BDG Seminar

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Text und Foto: Kerstin Michel

Zielgruppengerechte Ansprache vom Entscheidungsträger bis zum Nachbarn
BDG-Seminar Öffentlichkeitsarbeit – Bonn, 24. - 26.03.2023

Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e. V. (BDG) führte vom 24. - 26.03.2023 ein Seminar zur Öffentlichkeitsarbeit mit dem Thema: „Zielgruppengerechte Ansprache - vom Entscheidungsträger bis zum Nachbarn“ in Bonn durch. Eingeladen waren ca. 40 Gartenfreund:innen aus allen Landesverbänden. Aus dem Landesverband Westfalen und Lippe der Kleingärtner e. V. nahmen Annemarie Becker-Keiter (Schriftführerin im KGV Goldener Erntekranz Ahlen e. V. sowie Kassiererin im Bezirksverband Kreis Warendorf der Kleingärtner e. V.) und Kerstin Michel (Gartenfachberaterin im GV Zur Sonnenseite 1926 e. V. sowie Redaktionsmitglied des Dortmunder Gartenfreund online) teil.

Die Begrüßung und eine Einführung in die Gesamtthematik übernahm Dr. Wolfgang Preuß (Präsidiumsmitglied des BDG), welcher ebenfalls als Seminarleiter fungierte. Der Präsident des BDG, Dirk Sielmann, ließ es sich nicht nehmen, ebenfalls an 2 Seminartagen präsent zu sein.

Am Freitag referierten Christiane Eiselt-Sterl (Landschaftsarchitektin und Gruppenleiterin der Schätzelzwerge - Deutsche Schreberjugend Berlin) und Guido Beneke (Bundesgeschäftsführer/Deutsche Schreberjugend Bundesverband e. V) über die Grundlagen der Kommunikation im Kleingartenwesen. Sie führten dabei auf, wie aktuell die Flächeninanspruchnahme durch benötigte Kita- und Schulneubauten sowie Wohnungsneubauten in Berlin die Verdrängungsmechanismen für die Kleingärten greifen. Die Kleingartenvereine und -verbände werden häufig unterschätzt und haben aber das Potential zu einem wichtigen „Player“ in der Transformation zu einer nachhaltigen, lebenswerten Gesellschaft und Umwelt zu werden. Dabei steht von Anfang an das „Machen“ im Vordergrund. Öffentlichkeitsarbeit kann durch das Handeln, das Präsentieren von Ergebnissen und die Öffnung der Kleingärten gegenüber Interessierten erreicht werden. An praxisbezogenen Beispielen wurde anhand einer Projektplanung erläutert,

  • dass ein klares Ziel definiert werden muss
  • dass ein Projekt zeitlich begrenzt und vom Tagesgeschäft abzugrenzen ist
  • Personal und Budget zu definieren sind.

Wichtig dabei ist, dass die Ergebnisse eine nachhaltige Wirkung haben müssen, z. B. Bau eines Igel- und Insektenhotels.

Im Anschluss berichtete Pasquale Lüthin (Vorsitzender/Geschäftsführer des Bezirksverbandes der Gartenfreunde Karlsruhe e. V.), wie die Kleingartenanlage Rheinstrandsiedlung e. V. in einen offenen, integrierten Kleingartenpark umgewandelt wurde. Dabei war es wichtig, ein steigendes Interesse der Bevölkerung an Nachhaltigkeit, Ökologie und Naturschutz zu wecken, den besonderen Stellenwert von Kleingärten bezüglich Klima, Umwelt und Biodiversität und die wachsende Bedeutung für die Gesellschaft aufzuzeigen. Im Vorfeld gab es viele Gespräche mit den Pächtern sowie auch Anwohnern und Nachbarn. Auch die anliegenden Schulen und Kindergärten wurden mit einbezogen. Die Wünsche und Ziele der Beteiligten wurden zusammengetragen und mit dem Gartenbauamt Karlsruhe und dem Bezirksverband der Gartenfreunde e. V. in Absprache gebracht. Im Januar 2022 begann der Startschuss mit der Umsetzung. Das Projekt konnte im Mai 2022 erfolgreich mit den Ergebnissen beendet werden:

  • erfolgreicher Wandel zum modernen, zeitgemäßem Kleingartenpark
  • offenes Konzept für breitere Nutzung und mehr Mitglieder
  • gesteigerte Attraktivität für Pächter, Anwohner und Besucher
  • hohe Integration und Einbindung in die Nachbarschaft und ins städtische Umfeld
  • neue Funktionalitäten, Lehr- und Informationselemente
  • aktiver Beitrag zu Stadtklima, Biodiversität
  • Möglichkeiten zu Interaktion und Naherholung
  • hohe Signal- und Symbolwirkung, sehr positives Feedback von den Beteiligten (Pächter, Anwohner, Schulen und Kindergärten)

Im November 2022 wurde im Rahmen des Bundeswettbewerbes „Gärten im Städtebau“ der Kleingartenanlage Rheinstrandsiedlung e. V. die Goldmedaille verliehen.

Der Samstag begann mit einem Vortrag von Holger Baum (Strategieberater Kommunikation und PR – Gründer und ehemaliger Geschäftsführer der Media Campany – Agentur für Kommunikation GmbH, Bonn) zum Thema: „Grundlagen der Presse und Medienarbeit“. Es wurde der Unterschied von Medien und Presse erläutert und der Umgang sowie die Kommunikation mit diesen beleuchtet und anhand von Praxistipps untermauert. Hilfreich war ebenfalls, wie eine Pressemitteilung aufgebaut sein sollte. Hierbei helfen die sieben W-Fragen:

  • Was ist passiert?
  • Wann ist was geschehen?
  • Wer hat was gesagt?
  • Wo ist was geschehen?
  • Wie ist was geschehen?
  • Warum? Wozu?
  • Woher kommt die Quelle?

Weiter ging es mit einem spannenden Vortrag von Dr. Birthe Tahmaz (Programmleiterin ZiviZ gGmbH im Stifterverband, Berlin) zum Thema: „Die Zukunft zivilgesellschaftlichen Engagements“. Anhand der jüngsten Studie des ZiviZ Survey wurden die drei Kernveränderungen in der organisierten Zivilgesellschaft hervorgehoben, die strukturelle Weichen für die Zukunft stellen sollen.

Zitat: Sie zeigen erstens, dass weniger Organisationen von Zuwächsen in den Mitgliederzahlen berichten, zweitens mehr Organisationen als in den Jahren 2012 und 2016 von rückläufigem Engagement berichten und drittens sich eine Veränderung des Rollenverständnisses abzeichnet; weg von einer Dominanz der Mitgliederorganisation hin zu Impulsgebern für sozialen Wandel.

Schlussfolgernd für die Zukunft von Kleingartenvereine bedeutet dies:

  • diese leisten viel und Großartiges
  • diverser werden, um dadurch neue Mitglieder und Engagierte zu gewinnen
  • die nächste Generation der Vorstände durch aktives Erleben im Alltag und schrittweises Kennenlernen der Aufgaben heranziehen
  • gesellschaftliche Themen ansprechen, um somit gemeinsame Aktionen durchzuführen und die Engagierten zu Mitgliedern zu machen.

In dem Vortrag von Jörg Schnöring (1. Vorstand im Kleingartenverein NW 18 e. V. München) zum Thema: „Mitglieder sind unsere Stärke – Überzeugungsarbeit im Verein am Beispiel – Ökologische Aufwertung der eigenen Kleingartenanlage“ berichtete dieser, dass der Verein 2006 in drei Gruppen geteilt war – Vorstandschaft, wenige Unterstützer und „die“ Mitglieder. Es erfolgte kein echtes Vereinsleben. Der neue Vorstand hatte sich daher 2008 zum Ziel gesetzt,

  • ein funktionierendes Vereinswesen zu schaffen
  • die Mitglieder sollten sich ihres Vereins bewusst werden
  • wertschätzende Umgangsformen sollen etabliert werden
  • eine Gleichbehandlung aller Mitglieder
  • Öffnung des Vereins nach außen.

Im Rahmen des Projektes „Bayern blüht“ erfolgte eine Umgestaltung. Vorab wurden alle Vereinsmitglieder in einem Schreiben sowie Flyer über die Errichtung eines Lehrpfades und Minibiotopen informiert und gebeten, sich an den Gemeinschaftsarbeiten zu beteiligen. Der Erfolg der Naturgartenzertifizierung (Übergabe der Auszeichnung durch die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber im Mai 2022) war für die Vereinsmitglieder ein großer Ansporn, am Landeswettbewerb 2021 teilzunehmen. Hierfür erhielten sie die Goldmedaille. Durch das weitere großes Engagement und der Beteiligung am Bundeswettbewerb erhielt der Kleingartenverein im November 2022 ebenfalls in Berlin die Goldmedaille.

Der Verein kann heute mit Stolz vorweisen, dass

  • es eine gemischte Altersstruktur gibt,
  • ca. 35 % der Vereinsmitglieder einen Migrationshintergrund haben
  • es einen großen Bekanntheitsgrad des Vereins im Stadtteil durch Vereinsfeste gibt
  • die Gemeinschaftsstunden in kleinen Gruppen stattfinden und sich die Mitglieder kennen
  • die Mitglieder auf ihren Verein stolz sind
  • eine Signalwirkung auf andere Vereine und Organisationen entstanden ist.
  • Am Samstagnachmittag erfolgte ein gemeinsamer Besuch im Haus der Geschichte in Bonn mit einer Führung. Bei einem gemütlichen Abendessen im Restaurant Ambeli konnten sich alle Seminarteilnehmer gemeinsam austauschen und den Abend ausklingen lassen.

Der letzte Seminartag begann mit einem Vortag von Guido Beneke (Bundesgeschäftsführer/Deutsche Schreberjugend Bundesverband e. V) zum Thema: „Lobbyarbeit und Netzwerkpflege im öffentlichen/politischen Raum“. Für die erfolgreiche Umsetzung von Lobbyarbeit ist es erforderlich, sich Ziele zu setzen. Hierzu kann man sich die SMART-Formel heranziehen.

Spezifisch

Messbar

Attraktiv

Realistisch

Terminiert

Daraus ergeben sich viele Fragestellungen, z. B. was sind die Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung unserer Arbeit oder welche Akteure aus Politik und der Öffentlichkeit begegnen uns. In jedem Fall ist es wichtig – miteinander zu sprechen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass unsere Gartenmitglieder unsere Stärken sind. Das Miteinander sollte immer auf Augenhöhe erfolgen. Durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit können wir auf uns aufmerksam machen, um dadurch auch neue Mitglieder zu gewinnen, damit unsere Zukunft gesichert ist.

Innerhalb der Seminartage konnten viele neue Kontakte geknüpft werden und ein interessanter Austausch stattfinden. An alle Organisatoren ist daher ein großes Dankeschön gerichtet, dass es ein so erfolgreiches Seminar in Bonn war.

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