Exkursion nach Cloppenburg und Bad Zwischenahn am 24. und 25. Mai 2024
Trotz angesagten Unwetters erreichten wir ohne Regen und Stau zügig das kleine Städtchen Cloppenburg.
Unser erstes Ziel war das Museumsdorf Cloppenburg. Gründer Heinrich Ottenjahn war schon früh für seine Sammelleidenschaft bekannt. Nach dem Besuch eines Museumsdorfs in Finnland hatte er die zündende Idee, so etwas auch in Cloppenburg aufzubauen. 1922 beteiligte er sich zunächst am Aufbau eines Heimatmuseums aus den umfangreichen Möbel- und Gerätesammlungen des 1921 gegründeten Museumsvereins. Später verwirklichte er dann seine Idee, ein Freilichtmuseum zu errichten, um die Geschichte der ländlichen Bevölkerung darzustellen. Das Ganze wurde zu seinem Lebenswerk, das später von seinem Sohn, Helmut Ottenjahn, fortgesetzt wurde. Nach und nach erstand man drei alte Windmühlen, mehrere historische Werkstätten, Gutshäuser und Bauernhöfe, die Balken für Balken und Stein für Stein vor Ort abgebaut und in der Nähe von Cloppenburg wieder aufgebaut wurden. Inzwischen stehen 50 Gebäude aus der Zeit vom 16. bis 20. Jahrhundert auf dem 25 Hektar großen Gelände, ebenso mittelalterliche Handwerksbetriebe mit alten Maschinen, eine Kirche, ein Friedhof und eine Schule, alles komplett eingerichtet mit historischem Mobiliar und Hausrat.
An einigen Beispielen verdeutlichte uns unsere Fremdenführerin das harte Leben der ärmeren Landbevölkerung. Die Kleinbauern nannte man damals Heuerlinge. Sie mussten mit Kind und Kegel den ganzen Sommer für den Großbauern arbeiten. Dafür erhielten sie ein kleines Stück Land für den Eigenbedarf und ein winziges Fachwerkhäuschen zur Pacht, in dem meist zwei komplette Familien mit ihren Nutztieren lebten. Geschlafen wurde mit mehreren Personen in den sehr kleinen Alkoven im Sitzen, auch um besser atmen zu können. Die Kinder besuchten nur im Winter den überschaubaren Raum der einklassigen Dorfschule, die auch wie die Häuser kaum geheizt wurde. Gelehrt wurde bis zur 7. Klasse Religion, Lesen und Schreiben. Die Väter mussten später ein Handwerk lernen und im Winter drei Monate in Holland arbeiten, um über die Runden zu kommen. Einzig die Dorfkirche war ein Ort der Begegnung und Geselligkeit. Hier konnte man Tauschgeschäfte machen und manchmal auch Hochzeiten vermitteln. Die Lebenserwartung der Männer lag damals bei 45, die der Frauen aufgrund der hohen Sterblichkeit bei Müttern bei nur 39 Jahren. Ganz anders der Gutshof der Großbäuerin, Frau Haake. Als reiche Witwe verfügte sie über ein mit gediegenen Möbeln eingerichtetes Vierständehaus, das reichlich Platz für Wohnlichkeit, zahlreiche Tiere und eine Gaststätte bot. Diese durfte von den Heuerlingen nicht betreten werden. Nach dieser Besichtigung bin ich sehr dankbar für unser komfortables und sorgenfreies Leben heute.
Für die ehemalige Landesgartenschau in Bad Zwischenahn hatten wir am nächsten Tag sieben Stunden Zeit zum Besichtigen und Genießen. Deutschlands größte Mustergartenanlage ist wirklich ein Paradies. Auf dem 140.000 Quadratmeter großen Gelände kann man viele Ideen und Inspirationen mit nach Hause nehmen. Neben 26 Blumeninseln, die Ton in Ton oder in Komplementärfarben gehalten sind, kam man 45 sehr interessante und abwechslungsreiche Mustergärten und 18 Sortimente und Sammlungen, wie zum Beispiel das Taglilienrondell, erforschen. Der Park beschäftigt ganzjährig zahlreiche eigene Gärtner. Es gibt 1200 m Hecken, 50 Sorten Rosen und circa 60.000 Blumenzwiebeln. In der Nähe des Aussichtturms besichtigten wir zunächst die seit diesem Jahr bestehende Indoor-Ausstellung „Piepmatz & Co“, die dem Besucher die heimische Vogelwelt näher bringt. Die imponierende Sammlung umfasst zahlreiche Exponate aus der Vogelwelt in Form von Präparaten und Eiern. Der Kiebitz wurde als Vogel des Jahres 2024 gewählt.
Eine Besonderheit des Parks sind die eindrucksvollen und ausgedehnten Ginkgo-Haine mit 30 Sorten, die in den Farben Weiß, Rosa und Rot vorkommen. Einen Tulpenbaum in voller Blüte zu erleben, ist schon ein Ereignis, da diese dem Baum ihren Namen gibt.
Anschließend besichtigten wir einige der Mustergärten - die Besonderheit des Parks. Hier sind vor allem der Garten der Jahreszeiten, der weiße Garten, der Farngarten, der mediterrane Garten, der Japan-Garten, der Rosengarten, der Koi-Zen-Garten, der insektenfreundliche Garten, der Wasser- und Skulpturengarten, die kleine Duftarena, der Phlox-Garten, der Ernst-Pagels-Garten und der bäuerliche Nutzgarten zu nennen (siehe Bildergalerie) und viele mehr. Alle Gärten wurden von Gartenbaufirmen angelegt, werden von diesen 5 Jahre lang gepflegt und gehen dann in den Besitz des Parks über. Zu jedem Garten gab es Infoflyer, die man mitnehmen, aber auch von der Internetseite herunterladen konnte, was ich sehr praktisch fand.
Besonders inspirierend fand ich den bäuerlichen Nutzgarten. Er zeichnet sich durch Artenvielfalt, Natürlichkeit und Üppigkeit aus. Verwendet für die offene Laube und die Wegbegrenzungen wurden ausschließlich Naturmaterialien, die Wege waren gemulcht. Neben reichhaltiger Ernte vermittelt der Garten das Gefühl von Sinnlichkeit durch die vielen blühenden Kräuter und zahlreichen Sommerblumen. Pflanzkästen und rückenschonende Hochbeete erleichtern das Arbeiten. Dieser besondere Garten erfüllt alle Aspekte des dekorativen Küchengartens von heute.
Interessant waren noch der Garten der empfehlenswerten Rhododendron und der bunt blühende Rhododendronpark. Am Ausgang konnte man sich schließlich im Gärtnermarkt mit Pflanzen und Kunstgewerbe eindecken. Das waren zwei schöne Tage.
Fotos und Text
Bea Wild