Brennnessel
Urtica dioica
Jedes Kind kennt Urtica dioica, diese brennende und stechende Pflanze - und macht einen großen Bogen um sie. Aber eigentlich ist sie ein großes Geschenk der Natur – denn „die Geschmacks- und Nährstoffe dieser Pflanze sind bei den Tieren, von der Schmetterlingslarve bis zur Kuh, geschätzt wie bei den Menschen“ schreibt 1911 der berühmte Kräuterpfarrer J. Künzle und „sie wäre schon lange mit Wurzel und Stiel ausgerottet, wenn nicht ihre Brennhaare sie vor der unvernünftigen Naschhaftigkeit schützen würden“. Vielleicht wählte sie deshalb auch der Naturheilverein Theophrastus dieses Jahr zur Heilpflanze des Jahres 2022.
Als Heilpflanze heilt sie nach Künzle bei längerem Gebrauch Magen- und Darmgeschwüre, Blase und Galle, reinigt die Brust von Schleim, stärkt die Nerven und reinigt das Blut. Bei Rheumatismus fördert das Auspeitschen mit frischen Brennnesseln die Durchblutung, und gegen kalte Füße hilft die Einlage von Nesselblättern in den Schuhen. Nervöse Menschen schlafen besser, wenn sie sich vor dem Schlafen die Schläfen mit Brennnesselsaft einreiben. Der Tee aus der Wurzel ist harntreibend. - Jeder Krankheit wächst ein Heilkraut nahe, meinte Paracelsus. Das beweist sich vielleicht schon darin, dass gerne neben der Brennnessel der Spitzwegerich wächst. Der Saft des Wegerichs lindert das Brennen der Nessel.
Doch nicht nur als Heilpflanze wurde sie genutzt, auch als Wildgemüse, zur Bekleidung, als Papierersatz, zum Färben und Räuchern diente sie.
In der Wildkrautküche wird alles an ihr verwendet: Blätter, Blüten, Wurzeln, Samen. Sie schmeckt als Pesto, Chips, Kuchen, Limonade, Suppe genauso gut wie jung(!) als Gemüse oder im Salat (angewalkt), am Besten gewürzt mit einem Kräutersalz, dem sie beigemischt ist.
Die langen Fasern der Brennnessel wurden zur Fertigung von Stoffen genutzt. Der Nesselstoff war ein grober Stoff, in etwa sehr grobem Leinen vergleichbar. Aus ihm wurden die Büßerhemden genäht, die die Opfer der Inquisition während der peinlichen Befragung tragen mussten. Seit ca. dem 19. Jh. wurde er auch Musselin genannt, welches aber ursprünglich ein anderes Gewebe war. Anfang des 20. Jhs. wurde die Bevölkerung zum Sammeln von Brennesseln aufgerufen, um sich von teuren Baumwollimporten unabhängig zu machen.
So, das war es auch schon wieder an dieser Stelle, obwohl es noch viel mehr zur Brennnessel zu erzählen gäbe. (Vielleicht noch, dass ihr euch unbedingt eine Suppe daraus kochen solltet, denn im Gegensatz zum Spinat enthält die Brennnessel wirklich viel Eisen!)
Guten Appetit wünscht euch eure Fachberaterin Mechthilde